Von Kinga Urbanski; Foto von Pixabay
Vielleicht habt ihr es selbst auch gemerkt: Nach der Corona-Pandemie ist die Qualität unserer schulischen Leistungen gesunken. Dies ist nicht nur eine Vermutung, sondern eine belegte Tatsache. Die PISA-Studie aus dem Jahr 2022 zeigt einen deutlichen Leistungsrückgang, insbesondere in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften sowie Lesekompetenz. PISA, Akronym für Programme for International Student Assessment, steht hierbei für eine internationale Analyse, die die Kompetenzen und Fähigkeiten von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern überprüft und testet, wie diese verknüpft und auf lebensechte Situationen angewandt werden. Ausgerichtet wird die Testung alle drei Jahre von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD. Innerhalb der letzten 24 Jahre sind über 100 Länder und Regionen an der PISA-Studie beteiligt gewesen, sodass heute etwa 3,7 Millionen Schülerinnen und Schüler weltweit daran teilnehmen können.
An der aktuellen PISA-Studie, die im Jahr 2022 mit dem Schwerpunkt Mathematik durchgeführt wurde, nahmen knapp 700.000 Lernende aus 81 Ländern und Regionen teil. Die Ergebnisse wurden bereits im Dezember 2023 veröffentlicht und sind alarmierend, da diese in der Geschichte der PISA-Studie noch nie so schlecht ausgefallen waren. Zu den Ländern, die weltweit am besten abgeschnitten haben, zählen Singapur, Japan und Südkorea. Während Estland die besten europäischen Leistungen erzielte, schaffte es Deutschland lediglich auf den 22. Platz weltweit und damit ins obere Mittelfeld.
Viele spekulieren nach der Veröffentlichung der Endergebnisse, woran dieser Leistungsrückgang liegen könnte. Prof. Dr. Olaf Köller, Bildungsforscher und Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, spricht in einem Interview mit dem Deutschen Schulportal der Robert Bosch Stiftung über die möglichen Gründe für die Leistungsverschlechterung in Deutschland. Er ist der Meinung, die Verschlechterung sei mit einer größeren Risikogruppe, der Migration sowie sozialen Disparitäten, also Ungleichheiten in Bildungschancen und sozialer Herkunft, verbunden. Deutschland solle sich jetzt besonders auf die Risikogruppe fokussieren, also auf die Schülerinnen und Schüler, die die Mindeststandards nicht erreichen. Außerdem kritisiert Köller die Form des Unterrichts. Die Aufgaben in Klassenarbeiten seien größtenteils Routineaufgaben, die bereits im Unterricht bearbeitet worden seien. Schülerinnen und Schüler würden bestätigen, dass die Aufgaben im Unterricht nicht ihrer Lebenswelt entstammen würden, und das sowohl bei gymnasialen als auch nichtgymnasialen Schulformen. Der Bildungsforscher spricht sich dafür aus, dass Deutschland den Vorschulbereich priorisieren sollte, damit die Kinder anschließend in der Grundschule produktiv weiterlernen könnten, wie es zum Beispiel in Teilen Großbritanniens der Fall ist. Als eine mögliche Lösung nennt er zusätzliche Förderangebote für die besonders benachteiligten Gruppen ab dem Kindergartenalter. Denn „[d]ie Sprachförderung von der Wiege an ist virulenter denn je zuvor.“, so Köller. Bei solchen außerunterrichtlichen Fördermaßnahmen sei qualifiziertes Personal erforderlich, wobei diese im regelmäßigen Austausch mit den Lehrkräften der Lernenden stehen müssten.
Eine anonyme Grundschullehrkraft für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) berichtet, dass die Folgen der Pandemie und die damit verbundene Verschlechterung auch schon im Grundschulalter spürbar seien. Ein Problem an DaZ-Kursen seien die unterschiedlichen Niveaus der Kinder zusammen in einer Gruppe. Es sei schwierig, jedes Kind individuell zu fördern und, bezogen auf die Sprachkenntnisse, als homogene Gruppe zu arbeiten, da alle Kinder auf einem unterschiedlichen Deutsch-Niveau seien. Während sich manche Kinder schon gut verständigen könnten, würden andere hingegen noch nicht das Alphabet beherrschen. Darüber hinaus seien die Einflüsse der Coronapandemie und des Homeschoolings auffallend. So übe man in der zweiten Klasse immer noch das Alphabet zu schreiben und den Zahlenraum von eins bis 20. Ein möglicher Grund dafür sei nicht nur das Homeschooling, sondern sowohl die stellenweise fehlende Unterstützung zuhause als auch die mangelnde Vorbereitung im Kindergarten, wobei dies auch auf das soziale Umfeld ankomme.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Ergebnisse der PISA-Studie 2022 im Vergleich zu den Vorjahren verschlechtert haben. Gründe hierfür sind unter anderem die Auswirkungen der Coronapandemie, die mangelnde Förderung von Risikogruppen und die Unterrichtsgestaltung. Ich persönlich als Schülerin eines Gymnasiums stimme Köller zu, was die Form des Unterrichts betrifft. Während der Coronapandemie habe ich verlernt zu lernen, was dazu geführt hat, dass ich mir im anschließenden Präsenzunterricht den Stoff nur für die Klassenarbeiten angeeignet habe. Wurde dieser danach aber nicht kontinuierlich angewendet, geriet er schnell wieder in Vergessenheit. Des Weiteren denke ich, dass die Verschlechterung der PISA-Ergebnisse und die damit verbundenen Fähigkeiten und Kompetenzen auch mit dem aktuell starken Lehrermangel zusammenhängen könnte.